Pharmakovigilanz in Deutschland und Europa
Warum werden in Deutschland Nebenwirkungen erfasst?
Nebenwirkungen wurden in Deutschland in der Vergangenheit vermehrt dezentralisiert gesammelt. Das heißt dass verschiedenste Akteure des Gesundheitswesens, also Patienten, medizinische Fachkreise und Behörden auf verschiedensten Wegen Nebenwirkungen meldeten.
Der Trend geht heutzutage in eine andere Richtung – es wird vermehrt zentralisiert und europaweit gemeldet, was deutlich effizienter ist. Aus diesem Grund prognostizierte der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) 2016 einen Anstieg der meldepflichtigen Nebenwirkungsfälle auf 500.000 pro Jahr.[1] Dabei werden die Meldungen von allen Parteien allein durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) zentral gesammelt und verarbeitet.
Tatsächlich leistet die Erfassung und Überwachung von Nebenwirkungen auch nach der Marktzulassung noch einen essentiellen Beitrag zur Arzneimittelsicherheit.[2] Einige, sehr seltene Nebenwirkungen etwa, kommen beispielsweise nur durch ein Monitoring der breiten Masse zum Vorschein. Außerdem kann so eine effizientere und genauere Nutzen-Risiko-Analyse durchgeführt werden.
Welche rechtliche Grundlage liegt der Überwachung von Arzneimitteln zugrunde?
In Deutschland sind Pharmahersteller mit zugelassenen Medikamenten gemäß § 63b Arzneimittelgesetz (AMG) verpflichtet, ein Pharmakovigilanz-System, also ein System zur systematischen Überwachung ihrer Arzneimittel, einzurichten.
Auch Ärzte und Apotheker sind verpflichtet, unerwünschte Nebenwirkungen, bei Bekanntwerden, an die jeweilige Arzneimittelkommission zu melden. Patienten können zwar ebenfalls Arzneimittelmeldungen abgeben, sind aber, selbst bei unerwarteten schweren Nebenwirkungen, nicht dazu verpflichtet.
Dabei sind Patienten die mächtigste Informationsquelle und eigentlich bestens geeignet um die Pharmakovigilanz-Systeme der Pharmahersteller mit wertvollen Daten zu füllen.
Welche Wege einer Meldung von Nebenwirkungen gibt es überhaupt?
Ein Blick auf das existierende Meldesystem in Deutschland zeigt die Vielfalt an Möglichkeiten, welche für Patienten und Meldende zum Teil sehr verwirrend sein kann: Ärzte und Apotheker sollen, lt. Vorgabe ihrer jeweiligen Kommission, Arzneimittelnebenwirkungen zunächst an ihre jeweilige Arzneimittelkommission melden. Für Ärzte ist die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, kurz AkdÄ, für Apotheker die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker, die sog. AMK, zuständig.
Die beiden Arzneimittelkommissionen leiten die Meldungen anschließend gesammelt an die Bundesoberbehörden, also dem Paul-Ehrlich-Institut, kurz PEI, sowie dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, kurz BfArM, weiter. Von dort aus werden vollständige Meldungen an das europäische Pharmakovigilanzsystem der EMA, genannt EudraVigilance, weitergeleitet.
Es hat sich jedoch etabliert, dass Ärzte und Apotheker Nebenwirkungen, von Zeit zu Zeit, direkt an die Pharmahersteller melden. Denn oft gehen mit einer Meldung medizinische Fragen oder Produktreklamationen einher.
Pharmahersteller erhalten neben diesen Meldungen auch jene von Patienten selbst und leiten diese über ihr Pharmakovigilanz-System an die EMA weiter. Dort werden die Meldungen wiederum in EudraVigilance eingepflegt.
Wie in der Grafik zu sehen ist, können Patienten an alle Institutionen, also an Pharmahersteller, an Ärzte und Apotheker sowie an die Bundesoberbehörden, selbst melden. Bei diesen vielfältigen und für den Nutzer oft unübersichtlichen Meldeketten kann es, wie unschwer anzunehmen ist, zu Doppelmeldungen oder gar dem Verschwinden einzelner Meldungen kommen.
Außerdem ist die Abgabe einer Meldung für den Durchschnittsbürger nicht unbedingt klar strukturiert. Damit eine Meldung als vollständig gilt, muss sie vier Kriterien vollständig erfüllen[3]:
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- Eine oder mehrere verdächtige Nebenwirkung/-en.
- Ein oder mehrere verdächtige Substanz/-en oder medizinische/-s Produkt/-e.
- Ein oder mehrere eindeutig identifizierbare/-r Patient/-en
- Ein oder mehrere eindeutig identifizierbare Meldequelle/-n
Warum sammelt XO Life Patientendaten zu Nebenwirkungen?
Während die Digitalisierung im Gesundheitsbereich immer häufiger multilaterale Kommunikation auf Augenhöhe, umfassende Zugänge zu Gesundheitsinformationen, sowie Vertrauen und Sicherheit fordert, haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, diese Entwicklung zu unterstützen. Dazu haben wir eine multidirektionale Kommunikationsplattform aufgebaut, über welche Patienten unerwünschte Arzneimittelwirkungen schnell, einfach und strukturiert mitteilen können.
Dabei werden die Meldungen an den jeweiligen Zulassungsinhaber pseudonymisiert, dh. ohne Preisgabe der persönlichen Identität der Meldenden, weitergegeben. Hersteller können ihrerseits mit wenigen Klicks digitale Rückfragen, sogenannte Follow-ups, an die Patienten stellen, welche diese direkt am Smartphone oder am Laptop beantworten können.
Was sind die Vorteile der Plattform von XO Life?
Unsere Plattform führt nachweislich zu einer 10-fach höheren Rückmeldequote seitens der Patienten. Gesamte Meldungen lassen sich in der Regel nach 72 Stunden schließen, was eine erhebliche Zeitverbesserung zum aktuellen System darstellt. Ein Blick auf die aktuellen Zahlen[4], nearly 30% were processed through XO Life’s platform. von Arzneimittelmeldungen zeigt, dass von über 60.000 Meldungen die in 2020 eingegangen sind knapp 30% über die Plattform von XO Life abgewickelt wurde. Die Zahl der gesamten Arzneimittelmeldungen ist aber rückläufig, z.B. 2018 waren es noch etwa 80.000 Meldungen.[5] Dies ist sicherlich zum Teil der rückläufigen Arztbesuche durch die COVID-19 Pandemie geschuldet. Medizinisches Fachpersonal hat in diesem Zeitraum etwa 15% weniger Meldungen erfasst.
Interessant ist aber, dass die direkten Patientenmeldungen im gleichen Zeitraum um 36% zugenommen haben.[4;5] Dies unterstreicht deutlich den Trend des sog. Patient Empowerment. Dabei nehmen Patienten ihre gesundheitlichen Belange immer häufiger selbst in die Hand. Dazu benutzen Patienten eben genau digitale, nutzerzentrierte Tools für direkte Kommunikation zwischen Patienten und Pharmaherstellern. Die Kommunikationsplatform von XO Life ist ein typisches Beispiel für ein solches digitales Tool.
So möchten wir die Pharmakovigilanz der Zukunft, durch Digitalisierung und Automatisierung gestalten.
Unser Ziel ist es klar strukturierte Datensätze zugänglich zu machen, um Pharmaherstellern eine schnelle und effiziente Auswertung der sicherheitskritischen Daten zu ermöglichen. Natürlich ist es unser höchster Anspruch diese Arbeit unter Beachtung aller Regeln der DSGVO zu verrichten.
Fazit
Auf der Real-World-Evidenz Plattform von XO Life sind bereits heute knapp 100 Pharmahersteller registriert. 50% dieser, nutzen zusätzlich die digitale Rückfragemöglichkeit an die Patienten – Tendenz stark steigend. Daran lässt sich schon sehr deutlich erkennen, dass Pharmahersteller großes Interesse an einer einfachen Melde- und Kommunikationsplattform haben um mit ihren Kunden in Kontakt zu treten.
Das hilft nicht nur der allgemeinen Arzneimittelsicherheit sondern stellt auch eine Arbeitserleichterung für Pharmakovigilanzabteilungen vieler Pharmahersteller dar. XO Life hilft Patienten und Pharmaunternehmen in direkten Kontakt zu treten um eine allumfassende Melde- und Kommunikationsplattform mit Daten aus der realen Versorgung zu schaffen.
Quellen:
[1] Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. & Thurisch, B. (2016). Erfassung von Nebenwirkungsberichten Herausforderungen für die pharmazeutische Industrie [Vorlesungsfolien]. Bfarm.de. https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/Termine-und-Veranstaltungen/dialogveranstaltungen/dialog_2016/160226/03_Folien_Thurisch.pdf?__blob=publicationFile&v=2
[2] Kommas, E., Lex, D., Huber, M. & Paeschke, N. (2019). Verdachtsfälle melden. DAZ.online. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2019/daz-37-2019/verdachtsfaelle-melden
[3] European Medicines Agency. (2017). Guideline on good pharmacovigilance practices (GVP). ema.europa.eu. https://www.ema.europa.eu/en/documents/regulatory-procedural-guideline/guideline-good-pharmacovigilance-practices-gvp-module-vi-collection-management-submission-reports_en.pdf Zuletzt aufgerufen: 19.05.2021
[4] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. (2021). Nebenwirkungsmeldungen Sachstand BfArM. 88. Routinesitzung.
[5] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. (2019). Nebenwirkungsmeldungen Sachstand BfArM. 84. Routinesitzung.
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